130 Mio. Euro für Umfahrungen, Brosamen für den Öffentlichen Verkehr –
die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich!
-
Für Landespolitiker und Bürgermeister hat noch immer der Straßenbau oberste Priorität
-
Aufwändige Umfahrungen sind zu hinterfragen, Bahn und Bus ist der Vorrang einzuräumen
-
ÖV-Projekte sind verkehrswirksamer und zumeist kostengünstiger
Vorweg: Die Menschen entlang stark belasteter Straßen müssen vom Verkehr entlastet werden, so auch in Straßwalchen und Henndorf - einerseits durch bauliche Maßnahmen, anderseits auch durch verkehrslenkende Maßnahmen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich aber!
Der Umfahrungstunnel in Straßwalchen kostet 50 Mio. Euro, Bürgermeister Kreil erklärt via ORF, dass damit eine 25 %-prozentige Entlastung des Ortes gegeben sei, d.h., 75 % des Durchzugs-, Ziel- und Quellverkehrs, bleiben bestehen. Die Umfahrung Henndorf hat an die 80 Mio. Euro gekostet; dort hat sich die Umfahrung als sehr wirksam herausgestellt, was aber zu Klagen des dortigen Wirtschaftstreibenden geführt hat, jetzt weniger kaufkräftigen Durchzugsverkehr zu haben.
Zu hinterfragen ist In beiden Fällen:
1. Mussten beide Projekte so aufwändig gebaut werden? Wäre nicht eine kostengünstigere, abgespeckte Variante möglich gewesen? Beide Umfahrungen werden in den nächsten Jahren einen großen Erhaltungsaufwand nach sich ziehen.
2. Wo sind die Projekte / Maßnahmen, um den Öffentlichen Verkehr so attraktiv zu machen, dass er eine echte Alternative für die Pendler des Flachgaues darstellt?
3. Welche Maßnahmen wurden / werden ergriffen, um den überbordenden Lkw-Verkehr in den Griff zu bekommen, nämlich Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn, Tonnage-Beschränkungen, Nachtverbot, flächendeckende Lkw-Maut?
Aus der Sicht der Verkehrsplattform hat die neue Landesregierung keine neuen Akzente gesetzt:
• Das Land weigert sich seit Jahren, einen durchgehenden Halbstundentakt zwischen Salzburg und Straßwalchen auf der S2 (Kostenpunkt ca. 2 Mio. Euro) zu finanzieren. Argument: Budgetär nicht möglich!
• Bahn- und Busse sind nicht optimal aufeinander abgestimmt, die Taktverdichtung lässt zu wünschen übrig, Parallelverkehre sind noch immer vorhanden. Ein flächendeckender Taktfahrplan ließe sich binnen weniger Monate erstellen und mit jährlichen Kosten von ca. 5 Mio. Euro realisieren.
• Die Lokalbahnverlängerung vom Salzburger Hauptbahnhof zum Mirabellplatz mit hoher Verkehrswirksamkeit für die Stadt Salzburg und das Umland (ca. 500.000 Menschen) beliefe sich auf rund 100 Mio. Euro (130 Mio. Euro für zwei Ortsumfahrungen!), ist aber derzeit aus finanziellen Gründen auf Eis gelegt.
• Schließlich, der viergleisige Ausbau der Hochleistungsstrecke wurde um Jahre zurückgeworfen, weil Land und Gemeinden nicht mit Engagement das Projekt verfolgt haben.
Obige Beispiele zeigen auf, dass die Landespolitik noch immer mit zweierlei Maß misst. Für eine starke Lobby bestehend aus Bürgermeistern, Wirtschaftsvertretern und Landespolitikern hat noch immer der Straßenbau oberste Priorität. Schon jetzt wird darüber nachgedacht, ob nicht weitere Umfahrungen (Bergheim) mit einer Sonderfinanzierung durchgedrückt werden können.
Ähnliches Engagement fehlt im Öffentlichen Verkehr. Es fehlt auch ein neues, schlüssiges Landes-Mobilitätskonzept, das wirksame Maßnahmen nach Prioritäten setzt und umsetzt.
Für die Verkehrsplattform:
Peter Haibach